Hand aufs Herz: Wüssten Sie, was es mit klimaneutralen Veranstaltungen auf sich hat? Das hat auf jeden Fall mit CO2-Emissionen zu tun, mutmaßen die einen. Mit der Reduktion oder bestenfalls Neutralisierung der Verbräuche hänge dies zusammen, ergänzen Studierende der Universität Hildesheim im Projektseminar unter der Leitung von Christian Müller-Espey. Die Auseinandersetzung mit Fragestellungen zur Klimaneutralität werden dringlicher, wie jüngste Prognosen zeigen. Denn „Deutschland verfehlt Klimaziele für 2020 deutlich“, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ titelt (FAZ 2019).
Das Bewusstsein, dass eine Senkung von Treibhausgasemissionen der Mitwirkung bedarf, steigt. Dies haben auch 7 soziokulturelle Zentren aus Hessen, Thüringen und Nordrhein-Westfalen erkannt, die sich im Zeitraum zwischen Juli 2018 und Dezember 2019 dem „Selbstversuch: Klimaneutrale Kulturveranstaltungen in der soziokulturellen Praxis“ stellen. Eingebunden in eine bundesweite Initiative zur Entwicklung von Nachhaltigkeitskultur, gefördert vom Fonds Soziokultur und beratend begleitet vom Netzwerk Nachhaltigkeit in Kunst und Kultur (2N2K), setzen sich die Zentren mit der Herausforderung auseinander, was es für die Praxis bedeutet eine Veranstaltung klimaneutral durchzuführen.
„Kunst und Kultur bieten reichhaltige und vielfältige Ausdrucksformen. Voraussetzung ist und bleibt, dass wir sie in einer pluralen und nachhaltigen Gesellschaft leben und auch weiterentwickeln.“
Harald Scherbach, Brotfabrik Frankfurt
12 Millionen Menschen besuchen jährlich bundesweit Veranstaltungen in soziokulturellen Zentren, mit steigender Tendenz. Bei der Organisation und Durchführung dieser Veranstaltungen entstehen CO2-Emissionen, zum Beispiel bei der An- und Abreise der Teilnehmer, beim Heizen von Veranstaltungsräumen oder beim Anbau landwirtschaftlicher Produkte, mit denen die Verpflegung der Teilnehmer ermöglicht wird. Die Zentren stellen sich einzelnen Handlungsfeldern und streben an, den Anforderungen im Rahmen einer Veranstaltung möglichst gerecht zu werden. Die neun Handlungsfelder sind Mobilität, Veranstaltungsort, Beschaffung, Kommunikation, Catering, Abfall und Wasser, Logistik, CO2-Bilanz und Kompensation.
Die derzeit anlaufenden Selbstversuche lassen hoffen. Die Zentren setzen sich bereits punktuell mit der Nachhaltigkeit bzw. Klimafreundlichkeit ihrer Veranstaltungen auseinander. Auch das Bewusstsein bei den beteiligten Akteuren ist vorhanden, so dass die Nachfrage seitens der Zentren zum Beispiel nach einem klimaneutralen Catering bei bewährten Kooperationspartnern grundsätzlich auf Offenheit stößt. Dann aber fängt die Herausforderung konkret an: Was macht ein klimaneutrales Gericht aus? Wie kommuniziere ich dies an die Künstler und Veranstaltungsteilnehmer? Versuche ich es in kleinen Schritten oder gleich 100 Prozent klimaneutral von heute auf morgen?
Kristina Gruber, Walter Spruck und Christian Müller-Espey vom Netzwerk Nachhaltigkeit in Kunst und Kultur tauchen gemeinsam mit den Zentren in die Nachhaltigkeitswelt ein, identifizieren Lücken und bereiten den Weg für weitere Entwicklungsmöglichkeiten. Die Selbstversuche werden vom 2N2K-Team beratend begleitet und dokumentiert.